Wo ist Haydn?

Im Musikraum geschehen bisweilen unerhörte Dinge. Es meldet sich der Komponist Joseph Haydn persönlich zu Wort:

Was bisher geschah …

Bevor der Musikraum renoviert wurde, hing ich aufrecht an der Wand. Doch eines Tages kam ein Mann in einem schlabbrigen T-Shirt, nicht so elegant gekleidet wie wir Komponisten. Er kam per Leiter zu uns hoch an die Decke und werkelte mit seinem Werkzeug an meinem Rahmen herum. Empört meckerte ich ihn an. Doch er hörte mich nicht.

Dann nahm er mich und meine Komponistenkollegen ab, weil nämlich dieser Musikraum renoviert werden sollte, wie er herumgrummelte. Wochenlang stand ich nun mit meinen Kollegen auf dem Fußboden herum. Wir warteten und warteten und warteten … . Und endlich! Wir durften wieder zurück. Der Mann mit dem schlabbrigen T-Shirt und dem Werkzeug kam erneut und wollte uns zu neuen Höhen bringen. Aber nachdem er mich wieder aufgehängt hatte, da wackelte mein Nagel … .

Komponistenmobbing

So ging es schon seit Wochen: Mozart, Beethoven, Bach und Schubert hockten nur noch zusammen und schlossen mich aus. In unseren Plausch-Nächten, in denen wir zusammen Mozartpralinen naschten und uns von unseren Stücken erzählten, ignorierten sie mich. Sie redeten einfach über mich hinweg.

Ich versuchte mehrmals, mit ihnen ins Gespräch zu kommen,  aber es brachte nichts. Und als wäre das nicht schlimm genug, hänselten sie mich, weil mein Nagel locker war. Irgendwann hatte ich „die Schnauze voll“, ich sah mich im Musikraum um.

Mein tragischer Absturz

Neben Frau Kloer, die mit ihrem Chörchen schrille Liedchen trällerte, war keiner zu sehen.  Also müsste es heute Abend geschehen, dachte ich mir. Es war 22.34 Uhr. Mozart putzte seit vier Stunden seine Zähne, Beethoven rasierte sich. Und wie immer brachte das Handtuch, das er sich um den Hals gelegt hatte, nichts (die Hälfte des Rasierschaums war auf seinen Bademantel gekleckert). Bach hatte den Abwaschdienst. Jedoch brauchte er pro Teller eine Stunde. Schubert, der ein sehr langsamer Esser war, nagte seit Stunden an seiner Hähnchenkeule. Ich verabschiedete mich von meiner Friseurin, die mir meine Lockenwickler ins Haar gewickelt hatte.

Nun war es soweit: Ich sprang … von diesem Wackelnagel … und …. ich fand mich auf dem muffigen Boden des Musikraums wieder. Mein Fenster war in 1287 Scherben zersplittert (das habe ich zehnmal durchgecheckt). Meine Lockenwickler waren aus meiner wundervoll modernen Perücke gefallen. Rasch wickelte ich sie wieder ein (ohne Spiegel). Wo war denn die Friseurin, wenn man sie brauchte?

Und bis heute sitze ich ohne mein Fenster in einer Ecke des Musikraums im Goethe-Gymnasium …

Text: Joseph Haydn alias Esma Ayik und Virginia Pereira Gomes, Klasse 6c (Schuljahr 2019/20)
Fotos: Frau Kloer (Schuljahr 2019/20)